Herankommen auf Zuruf

Rückruf kann Leben retten - Das ist Fakt!

Das Herankommen auf Zuruf, der Rückruf. Ein gut funktionierender Rückruf kann Leben retten, das ist einfach Fakt.  Es ist  eines der wichtigsten Kommandos in der Beziehung „Mensch-Hund“ und eines, welches in den entscheidenden Momenten am wenigsten klappt –

Oder, wie erklärt man sich den Hund, der jagend einem Hasen, Reh oder Karnickel hinterhetzt, glückselig in seinem Adrenalinspiegel auf Höchstlevel versunken.

Oder, um es einfacher zu machen, die Hausecke, die schon 1000 mal angepinkelt wurde, der Igel im Garten oder der berühmte Grashalm des Jahrhunderts – Max oder Tina (so nennen wir mal unsere kleinen schwerhörigen Vierbeiner) – finden die allemal spannender als ein rufendes, trampelndes oder schmollendes Herrchen oder Frauchen.

Was also tun? Die Tipps werden sich nicht auf die Extremsituationen beziehen wie einen wildernden Hund, hierfür gibt es spezielle Trainings, so dass Tipps hierzu mit Sicherheit den Rahmen sprengen würden, zudem gibt es keine Anleitung auf dem Papier, die man einfach so übernehmen kann. Fakt ist aber, beherzigen Sie einiges von dem, was Sie hier finden, wird Ihnen zum einen schnell klar, wie Ihr Hund tickt und sie werden viel weniger Probleme haben, eine gute Bindung aufzubauen, Ihren Hund zu lesen und entsprechend präventiv einzugreifen, BEVOR Max oder Tina auf dem Weg (wohin auch immer) sind.

Der Welpe zieht ein.

Fangen wir also mit dem Welpen an: Er ist neu eingezogen und heißt, na wie wohl: Max oder Tina! Von Anfang sprechen Sie ihren Welpen mit dem Namen an, immer freundlich und zugewandt. KEIN Meckern darf mit dem Namen verknüpft werden. Ist der Welpen noch sehr klein, leistet er ja mit dem Folgetrieb ganze Arbeit, er wird Ihnen sowieso gerne folgen, weil Sie ja seine Welt, sein Futterspender und Spielkumpel sind. In einer Hündin – Welpe – Beziehung muß der Zwerg ja auch zusehen, dass er den Anschluß nicht verliert. Kommt er auf seinen Namen wird dies belohnt, ein Leckerchen oder ein kurzes Spiel, machen Sie es anfänglich ihrem Zwerg leichter, in dem Sie sich hinhocken und ihn freundlich und aufmunternd ansprechen. Fördern Sie in dieser Phase das Folgen – lassen Sie Ihren Welpen so oft es geht auch mal ohne Leine mitlaufen, damit er lernt, sich zu Ihnen hin zu orientieren.

Machen Sie dies nur in einer sicheren Umgebung, NIEMALS an Straßen oder in belebten, unübersichtlichen Gebieten. Seien Sie vorsichtig. Stellen Sie sich vor, Ihr Welpe erschreckt sich und rennt davon. Oder, er wird dann noch von einem großen Hund gejagt. Passiert nicht? Seien Sie sicher, sowas passiert und zwar schneller als geglaubt. Damit würde Ihr Welpe eine Erfahrung für´s Leben machen, auf die er gut verzichten kann. Wenn Sie ihn heil wieder bekommen.

Kommen muß sich lohnen und nicht nur das, es sollte ein Freudenfest sein.

Ihr Welpe soll gerne und freudig kommen, umso leichter wird es später, wenn sich der Radius des Hundes vergrößert.

Diese Übungen sollten Sie zuerst im häuslichen Umfeld probieren und festigen, denn hier ist es sicher und die Ablenkung gering. Draußen sollten Sie diese Übungen nur durchführen, wenn Sie sich sicher sein können, dass Ihr Welpe nicht gefährdet ist, entweder durch Straßen, andere Hunde oder sonstiges. Seien Sie nicht übervorsichtig, aber bedenken Sie, dass ein junger Hund Gefahren nicht einschätzen kann, die er nicht kennt. Ein Auto ist erstmal nur laut und stinkt, andere Hunde sind im Zweifel immer nett – was ja begrüßenswert ist, wenn Ihr Welpe so offen ist, aber dabei soll es ja auch möglichst bleiben. Die Erfahrung zeigt: Nicht alle Hunde sind nett! Das nur am Rande.

Zudem ist in einer lebhaften Umgebung die Ablenkung auch um ein vielfaches größer, fangen Sie also klein und ruhig an und steigern Sie die Anforderungen langsam. Max hat ja im Kindergarten auch nicht mit dem großen Einmaleins angefangen, sondern erstmal damit, bis 10 zu zählen, und das ist ja auch schon ziemlich gut.

Nehmen Sie also IMMER eine Leine mit bzw. halten Sie Ihren Welpen immer an der Leine, wenn Sie nicht sicher sein können, dass die Situation für Sie und den Welpen überschaubar ist. Lange Leinen, wie dünne Schleppleinen oder Flexileinen geben dem Welpen viel Freiraum, ohne dass er ständig in der Leine hängen muß.

Wie übt man es nun am besten. Der Name sollte schon bekannt sein, nun üben wir das „Komm“ oder „Hier“ oder ein anderes, allerdings sollten dann alle Familienmitglieder auch dasselbe nutzen. Je nach dem, welches Kommando Ihnen persönlich am besten liegt. Rufen Sie also Ihren Welpen beim Namen, ist er schon damit vertraut, wird er aufschauen, haben Sie also Kontakt, rufen Sie „Komm“ oder „Hier“ und locken den Zwerg freundlich zu sich. Kommt er an, wird er dolle gelobt und erhält seine Belohnung.  Machen Sie es sich und dem Welpen anfänglich nicht zu schwer, rufen Sie ihn nur, wenn er nicht „den Grashalm des Jahrhunderts“ beschnüffelt, hier ist Mißerfolg vorprogrammiert. (Vergessen Sie möglichst NIE, wenn Sie rausgehen, die Leckerchen, denn sie werden sie schmerzlich vermissen!) Und ganz wichtig für das Training des Rückrufes: Reihenfolge immer Name (für die Aufmerksamkeit), dann das Kommando. Wiederholen Sie Ihre Kommandos nicht! Einmal im richtigen Moment mit der richtigen Ansprache und es funktioniert auch in der Regel. Funktioniert es nicht, haben die Rahmenbedingungen nicht gestimmt, gehen Sie ruhig mal einen Schritt im Übungsalltag zurück.

Permanentes Wiederholen des Namens oder Kommandos (wozu der Mensch grundsätzlich neigt) hat verschiedenste Auswirkungen:

1. Ihr Welpe oder Hund weiß, dass Sie da sind.
2. Er hört gar nicht mehr hin.
3. Ihm geht es gut damit.

Reagiert also Zwergel tatsächlich nicht, kann man sich ja auch was überlegen, um die Aufmerksamkeit zu erhalten: Mit Suchspielen (Verstecken Sie sich) oder Weglaufen erhöht man unweigerlich die Spannung, verschwinden Sie also, wird ein normaler Welpe auch versuchen, Sie zu finden, das ist nicht nur ein tolles Spiel, sondern fördert auch die Bindung. Hat der Welpe Sie gefunden, gibt es, wie immer, Lob, Leckerlie oder Spiel. Lassen Sie sich nicht dazu hinreissen, hinter dem Welpen herlaufen, dass ist zwar auch ein tolles Spiel, aber die Freude liegt eher beim Welpen und – wie so oft – hat er damit wieder was gelernt.

Deshalb und um ein möglichst fehlerfreies Lernen zu ermöglichen, würde ich deshalb anfänglich nur mit Leine (Flexi- oder Schlepp-Leine) üben. Hierzu gibt es hervorragende Trainings, die auch für Anfänger umsetzbar sind.

Nun wird der Zwerg ja älter und selbst gut konditionierte Hunde kommen in die Sturm- und Drangphase, aber ca. dem siebten Monat können Sie damit rechnen, dass viele Junghunde scheinbar gut Erlerntes gerne vergessen. Ihr Selbstbewußtsein wächst und auch das Bestreben, sich in größeren Radien zu bewegen. Hüten Sie sich davor, Ihrem Junghund jetzt häufig „falsche“ Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Hier ist an oberster Stelle ein erster Jagderfolg zu nennen, selbst wenn das gejagte Objekt niemals gefangen werden konnte. Jagen ist ein sich selbstbestätigendes Verhalten, allein das Rennen ist soviel Bestätigung, dass Sie mit Ihrem Ball, Leckerlie oder freundlicher Stimme komplett abgemeldet sind.

Zudem hat jeder Hund seinen eigenen „Radius“, in dem er noch ansprechbar ist. Hier entscheidet Selbstbewußtsein, Bindung, Sicherheit des Rückrufes, der Grad der Ablenkung und sehr oft auch die Reaktionsgeschwindigkeit des Hundeführers über den Erfolg des Rückrufes.

Entfernt sich ein selbstbewußter Hund vielleicht „nur“ fünf Meter von Ihnen, haben Sie mit den o.a. Kriterien alle am Limit (also hohe Ablenkung (das vor ihm aufspringenden Kaninchen z.B.), wenig Bindung und somit auch einen nicht gesicherten Rückruf),  eine Verknüpfung ungünstiger Umstände. Unsichere Kandidaten halten oft engeren Kontakt, entsprechend kann ein größerer Abstand unproblematisch sein, der Rückruf funktioniert. Dies alles sind also Faktoren, die Sie nicht von einer Liste ablesen können, hierfür müssen Sie lernen Ihren, Hund zu lesen.

Bleiben Sie dran, sichern Sie sich ab, es gibt Zeiten, da gehört IMMER eine Schleppleine an den Hund, damit Sie die Kontrolle halten können. Jedes Erfolgserlebnis in die falsche Richtung bedeutet mehr und längeres Üben für Sie und Ihren Hund.  Bestätigen Sie IMMER gut ausgeführte Kommandos positiv, machen Sie sich interessant, seien Sie der Mittelpunkt der Welt. Üben Sie immer auch wieder ohne Leine mit weniger Ablenkung, üben Sie mit Leine unter größerer Ablenkung, das zeigt gute Erfolge.

Ganz wichtig: Lernen Sie selber Ihre Umgebung abzuscannen, manchmal gibt es den Hasen auf der Wiese oder das Reh in der Ferne oder einfach nur einen Radfahrer. Seien Sie wachsam! Rufen Sie Ihren Hund zu sich, spielen mit ihm, lenken ihn ab. Hat er vor Ihnen das Objekt seiner Begierde entdeckt (ob über Geruch oder Blickkontakt) wird es sehr schwer, den kleinen Flitzer ranzurufen. Kommt er, haben Sie gut geübt und alles ist perfekt, kommt er nicht und startet durch, könnnen Sie sich jeden weiteren Ruf ersparen… und wissen, dass noch viel Arbeit vor Ihnen liegt.

Machen Sie sich ruhig zum Affen, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit Ihres Welpen zu erringen, in dieser Zeit wird die Basis für später gelegt. Wichtig ist nicht, was andere Leute von Ihnen denken, sondern das IHR Hund denkt, dass Sie echt toll und der Mittelpunkt seiner Welt sind.

Wobei es niemals Garantieen gibt, dass nicht doch mal was passiert, das ist so!

Nur, wenn Sie das alles (und sicher noch mehr) beherzigen, werden Ihnen hoffentlich Angstmomente und Panik erspart bleiben, wenn Sie mit der Leine in der Hand dastehen und Ihr Hund am Horizont verschwindet.


Und, wer meint, es wäre ja nicht schlimm, wenn der Hund sich mal austoben kann, in dem er ein Reh oder einen Hasen jagd, der hat seine Tierliebe offensichtlich sehr selektiv eingestellt. Zur Zeit ist z.B. Brut- und Setzzeit und viel zu oft sehe ich hetzende oder stöbernde Hunde in dem Gebiet, in dem ich laufe und es sind nicht meine. Eine Ricke, die kurz vor der Geburt steht und zu Tode gehetzt wird, ist wahrlich kein schöner Anblick und mir zerreist es das Herz dabei und ich bin stinksauer. Nein, es gilt nicht der Grundsatz: Freiheit immer und jederzeit für alle.

Bitte mit offenen Augen und wachem Verstand durch´s Leben gehen, Rücksicht auf andere scheint zwar nicht mehr in zu sein, aber macht auch anderen Lebenwesen das Leben leichter.

Und, das bedeutet nicht, dass Ihre Hunde nicht frei laufen sollten oder sich nicht austoben dürfen, sondern es bedeutet genau das, was oben steht:

So viel Freiheit wie möglich, so viel Grenzen wie nötig.

© Christiane Jantz 2009-24

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